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Der Slawische Sprachatlas

 

Der Beginn der Arbeit am Slawischen Sprachatlas (OLA) geht auf die Beschlüsse des 4. Internationalen Slawistenkongresses (Moskau, September 1958) zurück. Beim Internationalen Slawistenkomitee wurde eine Kommission für den Slawischen Sprachatlas gegründet, die namhafte Slawisten zahlreicher Länder vereinte. Diese Kommission konstituierte daraufhin eine Arbeitsgruppe.

 

Der Fragebogen des Slawischen Sprachatlasses enthält 3454 Fragen. Das Informationsnetz umfasst ca. 850 Ortschaften.

 

An der Bearbeitung des Sprachatlasses sind folgende Institutionen beteiligt: die Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, die Akademie der Wissenschaften und Künste von Bosnien und Herzegowina, die Bulgarische Akademie der Wissenschaften, die Kroatische Akademie der Wissenschaften und Künste, die Mazedonische Akademie der Wissenschaften und Künste, die Montenegrinische Akademie der Wissenschaften und Künste, die Nationale Akademie der Wissenschaften Weißrusslands, die Nationale Akademie der Wissenschaften der Ukraine, die Polnische Akademie der Wissenschaften, die Russische Akademie der Wissenschaften, die Serbische Akademie der Wissenschaften und Künste, die Slowakische Akademie der Wissenschaften, das Sorbische Institut e. V. (Bautzen) und das Wissenschaftliche Forschungszentrum der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste.

 

Der Gegenstand des Slawischen Sprachatlasses ist die Gruppe der miteinander eng verwandten slawischen Sprachen im Ganzen, nicht aber die einzelnen Sprachen. Im Zusammenhang damit ergibt sich nicht nur eine quantitative, sondern vor allem die qualitative Spezifik des Sprachatlasses, da die gewählte Herangehensweise den Gegenstand der Kartographierung bestimmt. Während die nationalen Sprachatlanten Dialektunterschiede von nationaler Bedeutung im Rahmen der Einzelsprachen widerspiegeln, werden im Slawischen Sprachatlas makrodialektale Unterschiede in ihrer gesamtslawischen Dimension erfasst.

 

Der Slawische Sprachatlas soll dazu dienen, die Materialgrundlage für die Lösung von Problemen zweierlei Typs zusammenzutragen und bereitzustellen: Einerseits geht es um historisch-vergleichende und andererseits um synchron-typologische Fragestellungen.

 

Zum ersten Problemkreis gehören Fragen wie diejenige nach dem Entstehen der slawischen Sprachgemeinschaft und ihrer späteren dialektalen Differenzierung und der darauf folgenden Herausbildung der slawischen Sprachen der Gegenwart. Der Slawische Sprachatlas bietet eine Materialgrundlage für die Beantwortung der Frage nach der Urheimat der Slawen und ihrer Auswanderung in verschiedene Richtungen und geographische Zonen sowie in verschiedenen historischen Perioden, für die Beantwortung der Frage nach den Kontakten der slawischen Sprachen auf einem enormen Territorium mit den Sprachen nichtslawischer Völker mit sehr verschiedenartigen Kulturen: der Germanen, Balten, Kelten, Thraker, Iraner, Finnougrier, Türken, Illyrer, Griechen und Römer. Dies alles wiederspiegelt sich in verschiedenem Maße auf den Karten des Slawischen Sprachatlasses.

 

Eine zweite, recht neue, aber nicht minder wichtige Aufgabenstellung ist die synchron-typologische. Für den Slawischen Sprachatlas, in dem eine ganze Familie miteinander zwar eng verwandter, jedoch untereinander recht deutlich unterschiedener Sprachen erfasst wird, ist die Typologie eine sehr wesentliche Frage, die sich auf allen Ebenen des Sprachsystems stellt.

 

Der Slawische Sprachatlas erscheint in zwei Serien – einer lexikalisch-morphologischen und einer phonetisch-grammatischen (Phonetik, Flexion, Syntax). Die inzwischen schon erschienenen Bände beider Serien enthalten lexikalisch-morphologische und phonetische Karten (in Zukunft sind auch Karten zur Flexion, Syntax und Semantik vorgesehen). In den lexikalisch-morphologischen Bänden ist das Material nach thematischen Gesichtspunkten angeordnet, dagegen werden seiner Auswahl und Anordnung in den phonetischen Bänden verschiedene Erscheinungen des Lautsystems der slawischen Sprachen zugrunde gelegt.

 

Entsprechend den beiden Serien des Atlasses wird am Slawischen Sprachatlas in zwei Sektionen gearbeitet – einer lexikalisch-morphologischen und einer phonetisch-grammatischen. Hinzu kommt noch die Subsektion für die morphonologische Transkription. Diese Arbeitsgruppe bestimmt auf der Basis einer morphonologischen Analyse verallgemeinerte, von regulären phonetischen Differenzen abstrahierende Ansatzformen für das einzelsprachlich stark variierende Wortmaterial und schafft damit die Grundlage für die kartographische Darstellbarkeit von Unterschieden auf der Ebene der Lexik und der Wortbildung. Vor kurzem wurde darüber hinaus eine Subsektion für Computertechnik gebildet, die sich mit der Einführung und Nutzung rechnergestützter Bearbeitungs- und Kartographiermethoden beschäftigt.